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Bruecken BauenThema Sucht-Probleme und Suchterkrankungen

Ein Vorwort von Ilona Alice Bühring

Sucht ist ein Thema, mit dem kaum jemand gerne in Verbindung gebracht wird – ob nun vielleicht selbst betroffen oder als Angehörige/r. Die Statistiken in diesem Bereich sind an sich schon erschreckend, aber sie gehen an der Realität vorbei: Einfach, weil die Dunkelziffer zu hoch ist.

Eine Sucht fällt nicht als Gesamtpaket vom Himmel.

Eine Suchterkrankung entwickelt sich schleichend, sodass anfangs nicht einmal der Betroffene selbst bemerkt, auf welch dünnem Eis er sich bewegt. Das Suchtmittel verspricht zunächst vielleicht mehr Leistungsfähigkeit, Anerkennung, Entspannung, Ausgeglichenheit, Schmerzlinderung, oder… (Reihe lässt sich beliebig fortsetzen) – also alles, was durchaus als angenehm empfunden wird. Übrigens, wenn es diesen vermeintlichen Wohlfühl-Effekt nicht gäbe, würde niemand in eine Abhängigkeit geraten. Und solange der oder die Betroffene „funktioniert“, wird das Verhalten vom Umfeld (Arbeitgeber, Freundeskreis, Familie etc.) entweder kaum bemerkt oder eben toleriert.

Sucht wird meist erst erkennbar, wenn sich die Abhängigkeit entwickelt und manifestiert hat. Wenn die oder der Betroffene bemerkt „Oh, es geht nicht mehr ohne“. Das Umfeld wird vielleicht ebenfalls ahnen, was los ist, aber solange der oder diejenige nicht aus der Rolle fällt, wird das „Mäntelchen des Schweigens“ darüber gelegt. So kommt es nur allzu oft vor, dass Menschen, die schon viele Jahre in der Sucht gefangen sind, in keiner Statistik auftauchen.

Noch weniger Beachtung in den Zahlen findet das Leid der unmittelbaren Angehörigen (z.B. Partner, Kinder, Eltern etc.). Aus Scham tragen diese oft dazu bei, dass niemand hinter diese Fassade der vermeintlich heilen Welt schauen kann. So kann sich manches familiäre Drama ins Unerträgliche steigern, während die Umwelt eine Vorzeigefamilie wahrnimmt. Das zeigt aber auch, dass nicht nur die Suchtkranken selbst Hilfe benötigen, sondern eben auch die Menschen, die mit ihnen zusammenleben und arbeiten.

Zahlenmaterial hin oder her – es sind die Schicksale, die dahinter stehen

Niemand hat das Ziel, abhängig zu werden und dennoch kann es jedem von uns passieren. Und das Umfeld schweigt meist aus ganz unterschiedlichen Beweggründen. Unsere Selbsthilfegruppen in diesem Bereich machen Sucht zum Thema und sprechen darüber. Mehr noch, sie geben Perspektiven, zeigen Wege aus der Sackgasse Sucht und machen Hoffnung auf ein zufriedenes Leben ohne Suchtmittel oder süchtige Verhaltensweisen. Sie leisten einen enormen Beitrag zur Aufklärung, Prävention und tragen dazu bei, Vorurteile abzubauen. Es ist keine Schande suchtkrank zu sein – es ist eine Schande, nichts dagegen zu tun.

In allen vorgestellten Sucht-Selbsthilfegruppen ist es selbstverständlich, dass nichts von dem, was in der Gruppe gesprochen wird, nach „draußen“ dringt. Ebenso wird in der Öffentlichkeit nicht darüber gesprochen, wer bei den jeweiligen Treffen anwesend ist. Nur auf dieser Vertrauensbasis kann Sucht-Selbsthilfe funktionieren.

Zwei Tipps noch an dieser Stelle:

Wer Sorge hat, beim Gruppenbesuch jemanden zu treffen, den er oder sie kennt (z.B. Nachbarn, Kollegen), dem sei die Angst genommen: Jeder, der eine Gruppe besucht, teilt das gemeinsame Problem und hat ein berechtigtes Interesse an der Verschwiegenheit in der Öffentlichkeit.

Wer sich zum ersten Mal mit Selbsthilfe an sich befasst, sollte sich zu Beginn verschiedene Gruppen anschauen. Jeder von uns hat sehr individuelle Vorstellungen und nicht jede Gruppe passt in ihrer Konstellation oder Arbeitsweise zu den eigenen Bedürfnissen. Es ist legitim, sich zu orientieren und es ist auch in Ordnung, am Anfang mehrere Gruppen parallel aufzusuchen. In diesem Sinne wünsche ich Mut und Zuversicht.

Eure Ilo

Blaues Kreuz in Deutschland, Begegnungsgruppe Burgdorf